Theoretischer Exkurs

IDevice Icon Einführung
In der zu Beginn der 90er Jahre veröffentlichten Bethanien-Ernährungsstudie wurden 300 über 82-Jährige anlässlich eines Krankenhausaufenthaltes auf Mangelernährung untersucht; bei 25 % der Probanten stellte man Mangelernährung fest. Dabei nahm ein Teil der Senioren weniger als 1000 kcal pro Tag auf. Der tägliche Kalorienbedarf sollte aber bei 1700 bis 1900 kcal liegen, um eine Mangelernährung zu vermeiden. Als Folge von Mangelernährung entstehen Multimorbidität* und eine erhöhte Mortalität*. Es entwickelt sich ein Teufelskreis, aus dem die Betroffenen nur sehr schwer wieder herauskommen.

Quelle: www.nutricia.de/common/images/teufelskreis_Mangelernährung.jpg; Zugriff am 04.01.2014

Die Mangelernährung führt zu steigenden Kosten für das Gesundheitssystem, denn um die Mangelernährung auszugleichen, sind häufig Krankenhausaufenthalte notwendig.

Durch die Mangelernährung kommt es zu einer Manifestation chronischer Krankheiten. Derzeit werden ca. 9 Mrd. € für die Folgen (wozu auch Stürze gehören) aufgewendet. Untersuchungen zufolge soll sich dieser Betrag bis 2020 auf ca. 11 Mrd. € erhöhen, was auch mit dem steigenden Lebensalter allgemein erklärt werden kann.

Pflegefachkräfte sind diejenige Berufsgruppe, die unmittelbar an der Nahrungsaufnahme der zu Pflegenden in stationären Einrichtungen beteiligt ist und somit am besten einschätzen kann, ob es Veränderungen gibt. Sie können und sollen direkt Einfluss auf die Gestaltung der Mahlzeiten nehmen. Das betrifft sowohl die Menge und Zusammensetzung der Nahrung als auch die Darreichungsform und die Verabreichung sowie die Gestaltung der Umgebung, in der die Mahlzeiten eingenommen werden. Zu Pflegende, die die Nahrungsaufnahme ohne personelle Hilfe nicht mehr bewältigen können, sind auf die Unterstützung der Pflegefachkräfte angewiesen, was eine hohe Verantwortung für diese nach sich zieht. In der Praxis heißt das, bei knappen Pflegezeiten immer mehr zu Pflegende unterstützen zu müssen.

Um dieser Verantwortung dauerhaft gerecht zu werden, bedarf es einer guten Organisation und Reflexion der Pflegehandlungen. Im Expertenstandard „Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege“ werden die Kriterien, nach denen Pflegefachkräfte agieren sollen, vorgegeben. Im Wesentlichen thematisiert werden die Mangelernährung älterer Menschen und deren Prävention. Andere Störungen der Ernährung, wie z. B. die Adipositas oder das Metabolische Syndrom werden auf Entscheidung der Expertengruppe ausgespart. Auch die Dehydration* wird nur in geringem Umfang beschrieben. Grundkenntnisse der Ernährungslehre werden vorausgesetzt und nicht mehr näher erläutert. Des Weiteren verzichtet der Expertenstandard auf die Beschreibung altersbedingter physiologischer Veränderungen, obwohl der ältere Mensch im Mittelpunkt steht.

Kennen Sie sich mit den Besonderheiten der Ernährung im Alter aus? Wenn ja, beantworten Sie gleich die unten stehenden Fragen. Benötigen Sie noch Informationen? Dann lesen Sie zunächst hier weiter.
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* siehe Glossar



IDevice Icon Der Stoffwechsel
Der Stoffwechsel (Metabolismus) wird über zwei Mechanismen geregelt:
  • Anabolismus: dient dem Zellwachstum und dem Erhalt der Körpergewebe durch den Aufbau körpereigener Stoffe
  • Katabolismus: entsteht, wenn nicht genügend Nährstoffe zur Verfügung stehen oder Energie benötigt wird. Zuerst werden Glykogen* und Fette abgebaut, danach Aminosäuren, insbesondere aus den Muskeln = Hungerstoffwechsel. Dieser geht mit Gewichtsverlust und Verlust von Vitaminen und Mineralien einher.

IDevice Icon Praxistipp
Katabolismus im Alter geht häufig mit Appetitlosigkeit, Abneigung gegen Fleisch, Milchprodukte und Eier einher; sichtbar u. a. an Gewichtsabnahme, Ekzembildung, spröden Haaren, dementieller Entwicklung.

IDevice Icon Beobachtbare Altersveränderungen bei Gastrointestinaltrakt und Harnwegen

Gastrointestinaltrakt

Fotolia © snyggg.de

  • Abnahme der Produktion und Sekretion aller an der Verdauung beteiligten Verdauungsenzyme und Hormone
  • Reduzierung der Durchblutung und der Neubildung der Schleimhautzellen
  • Beeinträchtigung der Schluckfunktion (auf diese wird an anderer Stelle näher eingegangen)
  • zunehmende Gefahr der chronischen Gastritis (insbesondere durch Rückbildung der Magenschleimhaut und den Mangel an Magensäure, die sich wiederum negativ auf die Resorption von Calcium, Eisen und Vitamin B 12 auswirkt und langfristig zu einer perniziösen Anämie* führt)
  • als bedeutendste Veränderung des Colons der verminderte Defäkationsreflex* (durch abnehmende Muskulatur und verminderte Sensibilität), der zu einem Anstieg des Obstipationsrisikos führt; dadurch auch erhöhtes Risiko, an einer Divertikulose* oder Divertikulitis* zu erkranken
  • Vitamin D-Mangel durch mangelnde Sonneneinstrahlung, der wiederum zur einer erhöhten Brüchigkeit der Knochen führt, da der Aufenthalt im Freien nur in geringem Maß oder gar nicht mehr möglich ist und so die Bildung von Vitamin D über die Haut gestört ist
Harnwege

Fotolia © Martha Kosthorst

  • Mit zunehmendem Alter verringert sich die Durchblutung der Niere, die Oberfläche der Nierenkörperchen nimmt ab, beides zusammen führt zur Verminderung der Konzentrationsfähigkeit des Urins, was wiederum zu erhöhten Wasserverlusten führt
  • Wird noch dazu wenig Flüssigkeit aufgenommen und kommen akute Situationen, wie Fieber oder Durchfall dazu, entstehen schnell kritische Zustände
  • Die Einnahme von Diuretika verschärft die Situation häufig noch, da die Diurese* forciert wird.


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* siehe Glossar

 

Überprüfen Sie nun Ihr Wissen anhand folgender Übungsaufgaben.


Aufgabe TE.1

Welche Aussagen sind richtig?

Das Alter geht mit einer Zunahme des Körperwasseranteils einher.
Gewichtsverlust im Alter bedeutet Abnahme der fettfreien Masse und Zunahme des Körperfettanteils.
Gewichtsverlust im Alter bedeutet Zunahme der fettfreien Masse und Abnahme des Körperfettanteils.
Das Alter geht mit einer Abnahme des Körperwasseranteils einher



Aufgabe TE.2

Welche Aussagen sind richtig?

Eine katabole Stoffwechsellage wird auch als Hungerstoffwechsel bezeichnet.
Eine katabole Stoffwechsellage ist im Alter nicht von Bedeutung, da die anabole Stoffwechsellage überwiegt.
Stehen nicht ausreichend Nährstoffe zur Verfügung, baut der Körper zuerst Kohlenhydrate und Fette, dann Eiweiße ab.
Eiweißmangel im Alter kann gut ausgeglichen werden.



Aufgabe TE.3

Kennzeichnen Sie bitte auch hier die korrekten Aussagen.

Im Alter geht das periphere Bauchfett zugunsten des viszeralen Bauchfetts verloren.
Durch die Rückbildung der Magenschleimhaut kann es zu einer gestörten Aufnahme von Vitamin B12 kommen.
Die Produktion und Sekretion der Verdauungsenzyme verändert sich im Alter nicht wesentlich.
Das Risiko einer Magen- oder Darmerkrankung ist im Alter nicht höher als in der Jugend.



Aufgabe TE.4
Die Veränderungen des Wasserhaushaltes im Alter gehen einher mit...


einer erhöhten Durchblutung der Niere.

Richtig Falsch

einer erhöhten Konzentration des Urins.

Richtig Falsch

einer verminderten Durchblutung der Niere.

Richtig Falsch

einer verminderten Konzentration des Urins in Kombination mit einer erhöhten Urinausscheidung.

Richtig Falsch
Aufgabe TE.5

Welche Aussagen sind richtig?

Probleme bei der Ernährung im Alter sind selten und treten nur bei wenigen Menschen auf.
Mangelernährung gehört zu den wesentlichen Problemen des Alters.
Eine Mangelernährung im Alter kann bei akuten Gesundheitsproblemen rasch eintreten und schwer ausgeglichen werden.
Nach wenigen Tagen kann die Mangelernährung auch im Alter wieder ausgeglichen werden.



Aufgabe TE.6

Der Mangel an Vitamin D...

ist weit verbreitet und wird auch bei alten Menschen durch die Sonneneinstrahlung im Sommer weitestgehend ausgeglichen.
hat gravierende Auswirkungen auf die Muskelmasse und die Knochenmineralisierung.
führt zu einem erhöhten Sturz- und Frakturrisiko bei Senioren.
sollte besonders bei immobilen Menschen, die sich wenig im Freien aufhalten, mit Medikamenten ausgeglichen werden.



IDevice Icon Hinweise zum Modul
Nach diesem Exkurs können wir uns jetzt den Standardebenen zuwenden. Die erste Ebene dient dazu, eine Einschätzung der Ernährungssituation bei den zu Pflegenden vorzunehmen.

© Deutsche Angestellten-Akademie
Modul: UPF (Demoversion) Version: 1.0 Ersteller: Sabine Wilke