Subsidiaritätsprinzip Weiter Zurück Schließen

Das Subsidiaritätsprinzip ist ein Formalprinzip der Organisation und Zuständigkeitszuweisung.

Nach dem Subsidiaritätsprinzip ist zunächst derjenige für die Lösung eines Problems zuständig und verantwortlich, bei dem dieses Problem auftaucht.

Erst wenn die Selbsthilfe nicht möglich ist bzw. nicht zur Problemlösung führt, setzt die Hilfe und Unterstützung übergeordneter oder anderer Stellen bzw. Organe ein.

Im Kontext zu den hier behandelten Themen kommt dem Subsidiaritätsprinzip mindestens vier Deutungen zu:

1. Die Organe der Europäischen Union dürfen gegenüber den Mitgliedsstaaten nur in solchen Politikbereichen wirksam werden, die von diesen (Einzelstaaten) nicht allein bewältigt werden können. Dies zeigt sich zum Beispiel in Bezug auf die Einführung des Euro als nunmehr alleinige Währung in den Mitgliedsländern der Europäischen Währungsunion.

2. Kleinere bzw. untergeordnete Einheiten in Staat und Gesellschaft können und sollen - soweit sie dazu in der Lage sind - die hier anstehenden Aufgaben selbst erfüllen. Größere bzw. überordnete Organe sind nur befugt, unterstützende oder ersatzweise gegenüber den kleineren/untergeordneten Einheiten wirksam zu werden. Dies soll den Föderalismus und die kommunale Selbstverwaltung stärken.

3. Der öffentlichen Hand obliegt die Aufgabe und die Verantwortung, die privatwirtschaftlichen Unternehmen vor allem dadurch zu unterstützen, dass sie für eine leistungsfähige und intakte Infrastruktur sorgt. Dies betrifft vor allem das Schienennetz, das Netz von Straßen und Autobahnen, Wasserversorgung u. a.

4. Wo immer es geht, sollte der privaten Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Vortritt vor der Übernahme dieser Aufgaben in öffentlicher Regie gewährt werden. Öffentliche Betriebe sollten nur unterstützend, eben subsidiär oder ersatzweise mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben betraut werden. Damit wird eine Grenze zwischen öffentlicher und privater Wirtschaft markiert.

Die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips zeigt sich zum Beispiel darin, dass sich Gebietskörperschaften lt. § 65 der Bundes- und Landeshaushaltsordnung nur dann an der Gründung eines neuen Unternehmens bzw. an einem bestehenden Unternehmen beteiligen soll, wenn sich der "angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt".

Damit wird die Priorität privater Unternehmertätigkeit vor der Wahrnehmung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben in öffentlicher Regie herausgestellt und das Privateigentum als eine der Säulen der Wirtschaftsordnung "soziale Marktwirtschaft" vor Beeinträchtigungen durch die öffentliche Hand geschützt.

Auf der anderen Seite eröffnen sich dadurch für öffentliche Betriebe Betätigungsfelder, die aus Gründen der Wirtschaftlichkeit oder eines Rendite-Strebens nicht von Privat-Unternehmen besetzt werden.
Daraus ist erkennbar, dass Privatwirtschaft, besser nicht-öffentliche Wirtschaft, einerseits und rein öffentliche Wirtschaft andererseits keine Gegensätze sein müssen, was sich zum Beispiel in dem Nebeneinander-Existieren von privaten und öffentlichen Nahverkehrsbetrieben zeigt.