Bilanzpolitik Weiter Zurück Schließen

Unter Bilanzpolitik (eigentlich: Rechnungslegungspolitik) eines Unternehmens ist die zweck- und zielbestimmte Erarbeitung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses und der Steuerbilanz unter Ausnutzung der durch die Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte gegebenen Gestaltungs- Handlungsspielräume zu verstehen.
Dabei wird weniger die Realität der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens selbst als vielmehr die Darstellung (Abbildung) dieser Realität in den Dokumenten des Jahresabschlusses verändert.

Die Bilanzpolitik als wesentlicher Bestandteil der gesamten Unternehmenspolitik verfolgt im Einzelnen die nachstehend aufgeführten Ziele:

  - Optimierung der Steuerlast,
  - Steuerung der Gewinnausschüttung,
  - Erfüllung der Publizitätsverpflichtungen,
  - Gestaltung der Bilanzstruktur im Zusammenhang mit Stärken-/Schwächen-Analysen,
  - Sicherstellung ausgewogener Information u. a. m.

Darüber hinaus sollen durch die vorgelegten Bestandteile des Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang u. a.) aber auch andere Adressaten (zum Beispiel Kreditinstitute, andere Gläubiger, Arbeitnehmer) beeinflusst werden, und zwar in einem Sinne, der den Interessen des Unternehmens und den Zielsetzungen seiner kurz-, mittel- und langfristigen Unternehmenspolitik entspricht.


Die Bilanzpolitik kann im Wesentlichen in zwei Formen umgesetzt werden:

a) Formelle Bilanzpolitik

Die formelle Bilanzpolitik bezieht sich vor allem auf 
 
   - die Gestaltung der Bilanzgliederung und der Bilanzstruktur sowie
   - die Erläuterung der Bilanzpositionen

unter Beachtung der Pflichten zur Offenlegung des Jahresabschlusses.

b) Materielle Bilanzpolitik

Die materielle Bilanzpolitik zielt vor allem darauf ab, die Höhe des im Jahresabschluss auszuweisenden Gewinns zu beeinflussen.
Unter diesem Aspekt wird versucht, die handels- und steuerrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte so auszunutzen, dass für das Abschlussjahr ein Gewinn ausgewiesen wird, der nach Maßgabe aller Einflussmöglichkeiten dem Konzept der Unternehmenspolitik entspricht.

Auch im Hinblick auf die Instrumente der Bilanzpolitik lassen sich zwei Gruppen unterscheiden:

  a) Instrumente, die der Darstellung von Sachverhalten in der Bilanz dienen und

  b) Instrumente, die die gegebenen Sachverhalte verändern. 

Beispiel zu a):
 
  - Wahlrecht, in die Herstellungskosten auch angemessene Teile der Verwaltungsgemeinkosten einzubeziehen. 

Beispiele zu b):
  - Zeitliche Verlagerung von Geschäftsvorfällen (Vorziehen der Anschaffung von geringwertigen Wirtschaftsgütern noch in das abzuschließende Wirtschaftsjahr),

  - Leasing statt Kauf eines Wirtschaftsgutes, um die Bilanzsumme zu reduzieren (mit Einfluss auf die Einordnung in eine Größenklasse).